Die Gesundheitsversorgung ist für Menschen ohne Krankenversicherung in Sachsen-Anhalt unzureichend!
Die Ursachen einer Versicherungslosigkeit sind divers, haben aber das gleiche Resultat: Menschen gehen nicht zu Ärzt*innen, Krankheiten chronifizieren und werden zu Notfällen. Besonders vor dem Hintergrund einer Pandemie ist dies ein nicht hinnehmbares Risiko für Individuen und die gesamte Gesellschaft. Bundesweit nehmen sich Medinetze und -büros dieser Problematik seit den 1990er Jahren an. Auf ehrenamtlicher Basis wird Gesundheitsversorgung für Betroffene organisiert – jedoch ist dies keine nachhaltige Lösung der Problematik. Wir fordern von der Landesregierung Sachsen-Anhalts Verantwortung zu übernehmen! Das Grundrecht auf Gesundheit muss für alle Menschen gelten! Dafür braucht es Lösungen auf Landes- sowie Bundesebene. In zahlreichen Städten und auch auf Landesebene gibt es Projekte, die eine qualitativ hochwertige Versorgung von Menschen niedrigschwellig und anonym gewährleisten können. Ein mögliches Konzept liegt auch für Sachsen-Anhalt vor.
Aus diesem Grund haben Medinetz Halle Saale und Medinetz Magdeburg am 10. Mai 2021 einen offenen Brief an die Kandidierenden der Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt veröffentlicht.
Die Ursachen einer Versicherungslosigkeit sind divers, haben aber das gleiche Resultat: Menschen gehen nicht zu Ärzt*innen, Krankheiten chronifizieren und werden zu Notfällen. Besonders vor dem Hintergrund einer Pandemie ist dies ein nicht hinnehmbares Risiko für Individuen und die gesamte Gesellschaft. Bundesweit nehmen sich Medinetze und -büros dieser Problematik seit den 1990er Jahren an. Auf ehrenamtlicher Basis wird Gesundheitsversorgung für Betroffene organisiert – jedoch ist dies keine nachhaltige Lösung der Problematik. Wir fordern von der Landesregierung Sachsen-Anhalts Verantwortung zu übernehmen! Das Grundrecht auf Gesundheit muss für alle Menschen gelten! Dafür braucht es Lösungen auf Landes- sowie Bundesebene. In zahlreichen Städten und auch auf Landesebene gibt es Projekte, die eine qualitativ hochwertige Versorgung von Menschen niedrigschwellig und anonym gewährleisten können. Ein mögliches Konzept liegt auch für Sachsen-Anhalt vor.
Aus diesem Grund haben Medinetz Halle Saale und Medinetz Magdeburg am 10. Mai 2021 einen offenen Brief an die Kandidierenden der Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt veröffentlicht.
Zahlreiche Menschen in Sachsen-Anhalt sind nicht krankenversichert.
Medizinische Versorgung können sie deshalb nur eingeschränkt oder gar nicht in Anspruch nehmen.
Jeder Mensch hat per Gesetz das Recht auf ärztliche Behandlung und sollte ohne Angst medizinische Leistungen in Anspruch nehmen können.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Ärzt*innen und Therapeut*innen sind bei Behandlung Nicht-Krankenversicherter mit der oft zu hohen Hürde konfrontiert, sich selbst um Kostenübernahme und Übersetzungsmöglichkeiten kümmern zu müssen.
Psychosoziales Zentrum für Migrant*innen in Sachsen-Anhalt
Die unklare Rechtslage verunsichert Ärzt*innen und Patient*innen gleichermaßen und erschwert eine adäquate Behandlung.
Medinetz Magdeburg e.V.
Als Folgen der Nicht- Versicherung sehen wir bei Betroffenen Verschuldung und psychischen Druck bis zu Suizidgefährdung.
Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.
Was, wenn nach medizinischer Versorgung die Abschiebung droht?
Ärzte der Welt e.V.
Wir möchten allen Menschen, unabhängig ihres Versicherungsstatus, die notwendige medizinische Behandlung zukommen lassen.
Ärztekammer Sachsen-Anhalt
Armut ist das größte Risiko für die Gesundheit und stellt eine deutliche Hürde beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar.
Anonymer Krankenschein Thüringen e.V.
In unserer Arbeit erleben wir jeden Tag wie existentiell eine Unterstützung Nicht-Krankenversicherter ist.
Clearingstelle und Anonymer Behandlungsschein Leipzig e.V.
Wie soll eine adäquate Behandlung funktionieren, wenn Ärzt*in und Patient*in nicht die gleiche Sprache sprechen, aber keine Übersetzungsmöglichkeit besteht?
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Es kann belastend sein, die eigenen gesundheitlichen Bedarfe vor behördlichen Sachbearbeiter*innen darstellen zu müssen. Aus Scham und Angst vor Sanktionen ist eine Konsequenz für viele, Behandlungen zu vermeiden.
Psychosoziales Zentrum für Migrant*innen in Sachsen-Anhalt
Eine fehlende Krankenversicherung zehrt Betroffenen oft physisch und psychisch an den Kräften. Das hindert sie an aktiver Teilhabe und Engagement.
Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e.V.
Es braucht ein Beratungs- und Unterstützungssystem für alle nicht-krankenversicherte Menschen in Sachsen-Anhalt.
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Die finanzielle Sicherstellung der Krankenhausbehandlung ist eine wesentliche Voraussetzung für ein funktionierendes Gesundheitssystem und kommt letztlich allen zugute.
Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.
Schwangere ohne Versicherungsschutz trifft ein besonderes Gesundheitsrisiko, weil Vorsorgeuntersuchungen fehlen und die Geburt nur als Notfall behandelt werden kann.
Medinetz Jena e.V.
Wir erleben regelmäßig akute psychiatrische Krisen aufgrund mangelnder Behandlung von Menschen, die unter psychischen Erkrankungen leiden.
Psychosoziales Zentrum für Migrant*innen in Sachsen-Anhalt
Menschen müssen jederzeit sicher versorgt werden – die Übermittlungspflicht vom Sozialamt an die Ausländerbehörde (§87 AufenthG) muss abgeschafft werden.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Die Covid-19 Pandemie führt uns eindrücklich vor Augen, dass es in Fragen der öffentlichen Gesundheit auf die Versorgungslage für jede und jeden ankommt.
Medinetz Halle e.V.
87,6% unserer Patient*innen sind wohnungslos, 23,7% obdachlos. In offiziellen Statistiken über Nicht-Krankenversicherte werden sie nicht berücksichtigt.
Ärzte der Welt e.V.
Die Versorgung mit den notwendigen Arzneimitteln muss für alle Menschen gewährleistet sein.
Apothekerkammer Sachsen-Anhalt
Durch einen Leistungsausschluss in den Sozialgesetzbüchern haben erwerbslose EU-Bürger*innen keinerlei Anspruch auf medizinische Versorgung.
Ärzte der Welt e.V.
Kommen Selbstständige in finanzielle Unsicherheit, können sie oft die Beiträge ihrer privaten Krankenversicherung nicht mehr zahlen.
Medinetz Jena e.V.
Wir wollen Ansätze unterstützen, die eine medizinische Versorgung nicht-krankenversicherter Personen sicherstellen.
SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt / Dr. Katja Pähle
Zahlreiche Menschen in Sachsen-Anhalt sind nicht krankenversichert.
Medizinische Versorgung können sie deshalb nur eingeschränkt oder gar nicht in Anspruch nehmen.
Jeder Mensch hat per Gesetz das Recht auf ärztliche Behandlung und sollte ohne Angst medizinische Leistungen in Anspruch nehmen können.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Ärzt*innen und Therapeut*innen sind bei Behandlung Nicht-Krankenversicherter mit der oft zu hohen Hürde konfrontiert, sich selbst um Kostenübernahme und Übersetzungsmöglichkeiten kümmern zu müssen.
Psychosoziales Zentrum für Migrant*innen in Sachsen-Anhalt
Die unklare Rechtslage verunsichert Ärzt*innen und Patient*innen gleichermaßen und erschwert eine adäquate Behandlung.
Medinetz Magdeburg e.V.
Als Folgen der Nicht- Versicherung sehen wir bei Betroffenen Verschuldung und psychischen Druck bis zu Suizidgefährdung.
Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e.V.
Was, wenn nach medizinischer Versorgung die Abschiebung droht?
Ärzte der Welt e.V.
Wir möchten allen Menschen, unabhängig ihres Versicherungsstatus, die notwendige medizinische Behandlung zukommen lassen.
Ärztekammer Sachsen-Anhalt
Armut ist das größte Risiko für die Gesundheit und stellt eine deutliche Hürde beim Zugang zu medizinischer Versorgung dar.
Anonymer Krankenschein Thüringen e.V.
In unserer Arbeit erleben wir jeden Tag wie existentiell eine Unterstützung Nicht-Krankenversicherter ist.
Clearingstelle und Anonymer Behandlungsschein Leipzig e.V.
Wie soll eine adäquate Behandlung funktionieren, wenn Ärzt*in und Patient*in nicht die gleiche Sprache sprechen aber keine Übersetzungsmöglichkeit besteht?
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Es kann belastend sein, die eigenen gesundheitlichen Bedarfe vor behördlichen Sachbearbeiter*innen darstellen zu müssen. Aus Scham und Angst vor Sanktionen ist eine Konsequenz für viele, Behandlungen zu vermeiden.
Psychosoziales Zentrum für Migrant*innen in Sachsen-Anhalt
Eine fehlende Krankenversicherung zehrt Betroffenen oft physisch und psychisch an den Kräften. Das hindert sie an aktiver Teilhabe und Engagement.
Freiwilligen-Agentur Halle-Saalkreis e.V.
Es braucht ein Beratungs- und Unterstützungssystem für alle nicht-krankenversicherte Menschen in Sachsen-Anhalt.
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Die finanzielle Sicherstellung der Krankenhausbehandlung ist eine wesentliche Voraussetzung für ein funktionierendes Gesundheitssystem und kommt letztlich allen zugute.
Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e.V.
Wir erleben regelmäßig akute psychiatrische Krisen aufgrund mangelnder Behandlung von Menschen, die unter psychsischen Erkrankungen leiden.
Psychosoziales Zentrum für Migrant*innen in Sachsen-Anhalt
Schwangere ohne Versicherungsschutz trifft ein besonderes Gesundheitsrisiko, weil Vorsorgeuntersuchungen fehlen und die Geburt nur als Notfall behandelt werden kann.
Medinetz Jena e.V.
Menschen müssen jederzeit sicher versorgt werden – die Übermittlungspflicht vom Sozialamt an die Ausländerbehörde (§87 AufenthG) muss abgeschafft werden.
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Die Covid-19 Pandemie führt uns eindrücklich vor Augen, dass es in Fragen der öffentlichen Gesundheit auf die Versorgungslage für jede und jeden ankommt.
Medinetz Halle e.V.
87,6% unserer Patient*innen sind wohnungslos, 23,7% obdachlos. In offiziellen Statistiken über Nicht-Krankenversicherte werden sie nicht berücksichtigt.
Ärzte der Welt e.V.
Die Versorgung mit den notwendigen Arzneimitteln muss für alle Menschen gewährleistet sein.
Apothekerkammer Sachsen-Anhalt
Durch einen Leistungsausschluss in den Sozialgesetzbüchern haben erwerbslose EU-Bürger*innen keinerlei Anspruch auf medizinische Versorgung.
Ärzte der Welt e.V.
Kommen Selbstständige in finanzielle Unsicherheit, können sie oft die Beiträge ihrer privaten Krankenversicherung nicht mehr zahlen.
Medinetz Jena e.V.
Wir wollen Ansätze unterstützen, die eine medizinische Versorgung nicht-krankenversicherter Personen sicherstellen.
SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt / Dr. Katja Pähle
Drittstaatler*innen
Menschen aus Herkunftsländern außerhalb der EU, die sich z.B. mit einem Studierendenvisum oder Besuchsvisum in Deutschland aufhalten, besitzen häufig eine Reisekrankenversicherung, die zeitlich begrenzt ist. Diese decken in der Regel nur eine Versorgung in akuten Fällen ab und übernehmen insbesondere keine Kosten für Kontrolluntersuchungen und Behandlungen einer chronischen Krankheit oder Schwangerschaft. Es ist außerdem üblich, für jede übernommene Leistung eine Selbstbeteiligung entrichten zu müssen. Insbesondere bei Studierenden kann es zu einer Verschuldung kommen, weshalb die Versicherungsbeiträge wiederum nicht bezahlt werden können. Die Universitäten überprüfen den Versicherungsschutz nicht fortlaufend und die Versicherungen melden - anders als gesetzliche Krankenversicherungen - nicht an die Universität zurück, wenn der Versicherungsschutz aufgehoben ist.
Fall 1
Eine Studierende ist über ihr Studentenvisum auslandskrankenversichert. Sie wird schwanger. Doch die Auslandskrankenversicherung bezahlt weder die Vorsorgeuntersuchungen, noch die Geburt in einem Krankenhaus. Sie selbst konnte eine Krankenversicherung finden, die zwar die Vorsorge ihres ungeborenen Kindes übernahm, jedoch musste sie das Geld dafür selbst aufbringen. Ihr Studium war dadurch gefährdet. Durch Spenden konnte das Medinetz Halle e.V. die Geburt in einem Krankenhaus bezahlen. Hätte die Studentin Sozialleistungen in Deutschland beantragt, wäre ihr Visum aufgehoben worden und sie hätte keinen Abschluss an der Universität machen können. Privat die Kosten zu übernehmen, ist ein ebenso hohes Risiko: das Studium verlängert sich, die finanzielle Situation ist schwierig und das Visum wird vielleicht nicht verlängert.
Menschen im Asylverfahren
Auch Menschen im Asylverfahren haben nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Ein großer Teil der Arbeit des Medinetz Halle (Saale) sind Patienten, welche sich im Asylverfahren befinden bzw. sich legal in Deutschland aufhalten, Leistungen nach AsylbLG beziehen und über das Sozialamt versichert sind. In den Sozialämtern entscheiden Sachbearbeiter*innen ohne medizinische Ausbildung über die Ausgabe von Krankenscheinen. Gepaart mit dem ständigen Problem der Sprachbarriere, kommt es immer wieder zu Verweigerung von Krankenscheinen, oder medizinischen Behandlungen. Die freie Arztwahl ist für die Betroffenen oft nicht gegeben. Erschwerend kommt hinzu, dass jeder Landkreis in Sachsen-Anhalt eigene Verfahren hat. Einige Sozialämter stellen Krankenscheine mit geringer Laufzeit aus, was die Betroffenen, bei dem Versuch einen Facharzttermin zu bekommen, zu einer schieren Odyssee verdammt. In anderen Landkreisen müssen Betroffene sich jede Überweisung nochmals vom Sozialamt bestätigen lassen. Manche Landkreise sind zur Ausgabe von Gutscheinen statt Bargeld zurückgekehrt. Mit diesen Gutscheinen können die Betroffenen sich keine Tickets für den ÖPNV kaufen, um zum Sozialamt oder zu Arztterminen zu fahren.
Fall 2
Ein Patient aus dem Landkreis Wittenberg leidet unter schwindender Sehkraft. Das Sozialamt Wittenberg verweigert ihm wiederholt die Ausstellung eines Krankenscheins. Verzweifelt wendet er sich an die Amnesty International Ortsgruppe in Halle (Saale), welche ihn an das Medinetz Halle (Saale) verweist. Eine Kooperationsärztin muss einen Brief an das zuständige Sozialamt schreiben, damit der Betroffene einen Krankenschein bekommt. Es wird ein Termin bei einem Facharzt für Augenheilkunde in Halle (Saale) vereinbart. Der Krankenschein ist nur für ein Quartal gültig. Der Termin beim Augenarzt ist aber erst im folgendem Quartal. Erneut wird ist ein ärztlicher Brief mit der vorliegenden Überweisung nötig, um einen Krankenschein zu bekommen. Außerdem muss dem Sozialamt gegenüber gerechtfertigt werden, warum eine Untersuchung außerhalb des Landkreises Wittenberg erfolgen soll.
Menschen ohne legalen Aufenthalt
Auch Menschen ohne legalen Aufenthalt haben Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Diesen können sie aber nicht wahrnehmen, ohne sich selber in die Gefahr einer Abschiebung zu begeben. Die Sozialämter, welche die Leistungen nach AsylbLG vergeben, sind entsprechend dem § 71 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) zur Datenübermittlung an die Ausländerbehörden verpflichtet. Gerade im Bereich der Gesundheitsversorgung kollidiert diese Übermittlungspflicht mit der ärztlichen Schweigepflicht, welche sich auch auf VerwaltungsmitarbeiterInnen in Krankenhäusern, Krankenversicherungen und Sozialämter erstreckt (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum AufenthG, GMBL Nr. 42–61 vom 30.10.2009). In der Praxis gibt es keine Garantie, dass Sozialämter entsprechende Daten nicht an die Ausländerbehörde weitergeben. Deshalb tauchen die Betroffenen unter und nehmen keine medizinische Versorgung in Anspruch, was zwangsläufig zu schweren Krankheitsverläufen und Chronifizierungen führt. Oftmals bleibt ihnen keine andere Möglichkeit als auf extreme Schmerzen zu warten und dann die Notfallaufnahme im Krankenhaus aufzusuchen. Dort werden sie stabilisiert und wieder entlassen. Die Kosten tragen die Krankenhäuser.
Fall 3
Eine Patientin aus einem Nicht-EU-Land meldete sich mit starken Zahn- und Kieferschmerzen bei Medinetz Halle (Saale). Sie ist Sexarbeiterin ohne Aufenthaltsstatus und Krankenversicherung in Deutschland. Ihre Dokumente wurden durch mafiöse Strukturen vernichtet. Sie hat aufgrund ihrer Unterversorgung medizinische Probleme entwickelt, welche sich vor allem an starken Zahnschmerzen bemerkbar machen. Da sie keine Möglichkeit hatte zu einer ÄrztIn zu gehen, ist ihr Kiefer in solch einem desolatem Zustand, dass insgesamt 4 Termine nötig waren, um eine unabdingbare Erstversorgung der Zähne und Zahnwurzeln vorzunehmen. Um die nötige Sanierung des kompletten Gebisses angehen zu können, muss die Patientin allerdings erst stabilisiert sein für den langwierigen Prozess der Identitätsklärung und den Erhalt einer Krankenversicherung.
Fall 4
Ein Patient stammt aus Nigeria. Er wird in Kämpfe mit der Terrorgruppe „Boko Haram“ verwickelt und flieht nach Libyen. Dort wird er von Angehörigen des Militärs misshandelt und hat seitdem starke Schmerzen in diversen Gelenken. Er schlägt sich weiter nach Europa durch. In Italien wird sein Asylantrag abgelehnt. In Deutschland beantragt er noch einmal Asyl. Doch dieses Verfahren wird ebenfalls abgelehnt. Aufgrund des Dublin-Verfahrens wird ihm kein Aufenthalt in Deutschland gewährt. Allerdings benötigt er dringend eine ärztliche Untersuchung. Seine Gelenke schmerzen so stark, dass er kaum noch laufen kann. Seine bisherige „medizinische“ Versorgung belief sich auf Ibuprofen-Tabletten, die er seit einem geraumen Zeitpunkt einnahm. Der Patient leidet zudem an einer Atrophie der Unterschenkelmuskulatur. Das Medinetz Halle (Saale) organisierte neurologische und radiologische Termine, die aufgrund der eingeschränkten Mobilität des Patienten mit einem hohen Aufwand verbunden waren. Die schwierigen aufenthaltsrechtlichen Umstände führten zu einem Kontaktabbruch zum Patienten.
EU-Bürger*innen
EU-Bürger*innen mit gültiger Krankenversicherung in ihrem Herkunftsland können über das European Health Insurance Card Verfahren medizinische Versorgung in anderen Ländern der Europäischen Union in Anspruch nehmen. Probleme treten gelegentlich bei Fragen zum Leistungsumfang auf. Außerdem ist das Verfahren nicht allen Menschen bekannt. Wenn Menschen in ihren Herkunftsländern nicht krankenversichert sind, ist ihr Zugang zu medizinischer Versorgung in Deutschland stark eingeschränkt. Eine deutsche Krankenversicherung bekommen diese Menschen nur, wenn sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, sich eine private Krankenversicherung leisten können, oder Anspruch auf Sozialleistungen in Deutschland erworben haben. Sozialleistungsansprüche sind an vorhergehende Erwerbstätigkeit geknüpft. Haben Betroffene weniger als ein Jahr gearbeitet, bekommen sie höchstens 6 Monate Arbeitslosengeld II. Bleiben sie danach in Deutschland und finden keine neue Anstellung, bleiben die Beiträge zur Krankenversicherung unbezahlt. Das betrifft oft ganze Familien.
Fall 5
Ein 10-jähriges Kind zieht mit seiner Familie von Bulgarien nach Deutschland. Der Junge hat ein Neurofibrom, einen Tumor am Auge und ist nicht versichert. Er brauchte dringend Augentropfen gegen sein Glaukom (Grüner Star). Seine Mutter wandte sich an das Medinetz Halle (Saale). Sie hat in Deutschland eine Arbeitsstelle gefunden. Doch die Langwierigkeit eines Versicherungsprozess von EU-BürgerInnen führte zu einer Notsituation. So waren es insgesamt zwei Wochen, in denen die Familie nicht krankenversichert war und nicht vom deutschen Gesundheitssystem aufgefangen werden konnte. Die ersten Behandlungen mussten als Privatleistung übernommen werden. Ein weiterer Zeit- und Kostenfaktor waren die aufwendigen Deutsch-Bulgarisch Übersetzungen, die für das Krankenhaus angefertigt werden mussten.
Deutsche Staatsbürger*innen
Das System der Krankenversicherung in Deutschland ist kompliziert und für viele Menschen schwer zu durchschauen. Gerade Menschen in schwierigen sozialen Situation laufen Gefahr ihren Krankenversicherungsschutz zu verlieren, da in komplexen Problemlagen die Krankenversicherung nicht die oberste Priorität besitzt, solange mensch nicht krank ist. Der Wiedereinstieg ist beschwerlich und im Grunde immer mit hohen Beitragsschulden verbunden. Außerdem gibt es kaum spezialisierte Beratungsangebote wie z.B. Clearingstellen. Erschreckenderweise erscheint es für Betroffene oft praktikabler sich ohne Krankenversicherung durchzuschlagen.
Die Situation von älteren Menschen birgt einige Besonderheiten. So ist es Menschen ab dem 55. Lebensjahr kaum möglich von einer privaten Krankenversicherung in eine gesetzliche zu wechseln. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Menschen, welche ihr ganzes Erwerbsleben privat versichert waren, im Alter mit steigenden PKV-Beiträgen und potentiell höheren Gesundheitsrisiken in die solidarisch finanzierte Gesetzliche Krankenversicherung wechseln. In der Praxis trifft dies vor allem Selbstständige mit geringem Einkommen, die mit ihrem Gewerbe nicht genug erwirtschaften, um die steigenden PKV Beiträge zu zahlen. Diese kündigen entweder ihre Krankenversicherung, oder werden aus ihrer Erwerbstätigkeit in das soziale Sicherungssystem gedrängt.
Die Situation von älteren Menschen birgt einige Besonderheiten. So ist es Menschen ab dem 55. Lebensjahr kaum möglich von einer privaten Krankenversicherung in eine gesetzliche zu wechseln. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Menschen, welche ihr ganzes Erwerbsleben privat versichert waren, im Alter mit steigenden PKV-Beiträgen und potentiell höheren Gesundheitsrisiken in die solidarisch finanzierte Gesetzliche Krankenversicherung wechseln. In der Praxis trifft dies vor allem Selbstständige mit geringem Einkommen, die mit ihrem Gewerbe nicht genug erwirtschaften, um die steigenden PKV Beiträge zu zahlen. Diese kündigen entweder ihre Krankenversicherung, oder werden aus ihrer Erwerbstätigkeit in das soziale Sicherungssystem gedrängt.
Fall 6
Ein deutscher Staatsbürger leidet an Epilepsie und Depressionen. Er fällt nach seiner Scheidung aus der Familienversicherung. Durch bürokratische Hürden, die er wegen seiner Erkrankung und schwierigen familiären Verhältnissen kaum überwinden kann, bleibt er „unversichert“. Neue Medikamente, die eine Epilepsie verhindern oder einen Termin bei einer Hausärztin zu organisieren, von einem stationären Aufenthalt in der Psychiatrie ganz zu schweigen, sind für ihn ausgeschlossen. Seine Angst und Scham sind zu groß, sodass er sich sehr spät an das Medinetz Halle (Saale) wandte. Bis dato konnte er aufgrund der schlecht eingestellten Medikation keine Arbeit aufnehmen ohne epileptische Anfälle zu bekommen. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, begann er Flaschen zu sammeln und duschte in Schwimmbädern. In seinem Fall führten bürokratische Strukturen und seine Erkrankungen dazu, dass er keine Krankenversicherung besaß.
Fall 7
Eine circa 60-jährige Patientin mit deutscher Staatsangehörigkeit, die ihren privaten Krankenversicherungsschutz wegen steigender Beiträge verloren hatte, suchte Hilfe wegen starker Bauchschmerzen. Aufgrund der Symptomatik wurde sie umgehend in einer Klinik vorgestellt, wo ein Mesenterialinfarkt (akute Verschlusskrankheit der Gedärme) mit akutem Interventionsbedarf festgestellt wurde. Trotz einer sofortigen Notoperation verstarb die Patientin noch während dieser. Aufgrund der fehlenden Krankenversicherung hatte sich die Patientin zu spät in ärztliche Behandlung begeben, so dass eine präventive Behandlung bestehender Risikofaktoren für einen Gefäßverschluss wie beispielsweise Herzrhythmusstörungen etwa durch Gabe von Blutverdünnern nicht erfolgte.